Mein Material

Ich bin Grafikerin, meine Materialien sind Papier und der Computer.
Ich bin Illustratorin, meine Materialien sind Papier, Farben und Pinsel.
Ich bin Kalligrafin. Meine Materialien sind Papier, Feder und pigmentierte Flüssigkeiten.
Ich bin Künstlerin.

Ich arbeite mit der Töpferscheibe und Ton.
Ich arbeite mit der Nähmaschine und Stoffen.
Ich arbeite mit Holz und Recycling.
Ich male mit Ölfarben, Aquarell, Acrylfarben, Kreiden, Tuschen, Stiften …
Ich experimentiere und färbe mit Pflanzen.
Ich binde und gestalte Bücher und Hefte aus Papiertüten und Landkarten.
Ich schöpfe Papier und drucke, stempel, präge, collagiere.
Ich spinne tierische und vegane Fasern.
Ich färbe Wollstränge kunterbunt.
Ich filze, stricke, wickel, sticke, webe, zaubere …

Ich habe seit dem Studium immer versucht all das zu kanalisieren und auf weniges und konkret greifbares zu fokussieren. Also einfach nur die Grafikdesignerin zu sein. Man will ja nicht wischiwaschi rüberkommen und die Menschen verwirren. Die Frage im Elevator Pitch ist doch immer »Womit will ich bei meinem Gegenüber (Multiplikator oder potentiellem Kunden) in Erinnerung bleiben?« Der Bauchladen und die 3 Standbeine haben ja auch immer etwas unprofessionelles.

Ich hatte schon immer sehr viele Interessen. Vor dem Studium war es neben der visuellen Kunst auch noch das Theaterspiel und die Musik (ich spiele ein wenig Klavier, Orgel, Querflöte, Gitarre) und Ballett war auch weit oben bei meinen Interessen.
Trotzdem war mir schon als Kind klar, dass ich später mal »was mit Kunst« machen will. Grafikdesign war da auch eine gute Entscheidung.
Mein Studium habe ich mir zum Großteil selbst finanziert: Babysitting, Telefonmarketing, OTTO-Versand, Nachtarbeit im Postgiroamt. Darum blieb erstmal keine Zeit für meine anderen Interessen.
Danach poppten sie dann aber nach und nach wieder auf und es kamen neue dazu. Die Finger brauchten immer etwas zu tun, der Geist sowieso.
Das hab ich aber alles eher im Stillen gemacht, ich wollte schließlich das Bild der erfolgreichen (was sonst?) Grafikdesignerin nicht verwässern.
Dabei wäre es ganz einfach gewesen mir einzugestehen: Ich bin Künstlerin. Basta.

Der Weg hat aber etwas länger gedauert. Mit dem wunderbaren Buch Der Weg des Künstlers brach dann bei mir immer mehr auf und ich habe meinen kreativen Projekten mehr und mehr Raum gegeben. Was für eine Erleichterung und Befreiung das war! Trotzdem konnte ich lange nicht hinter dem glanzvollen Attribut »Künstlerin« stehen. Irgendwann habe ich dann von immer mehr Menschen aus meinem Umfeld mitbekommen, dass sie mich schon lange als Künstlerin wahrnahmen. Das half.

Also Schluss mit den Beschränkungen, scheiß auf die Erwartungen der anderen. Bauchladen hin oder her: Ich mache eben all diese Dinge, das bin ich!

Momentan arbeite ich übrigens mit Inbrunst an meinen textilen Projekten. Geplant war das für 2020 eigentlich nicht, denn ich war Ende 2019 in Richtung Kunst/Ausstellungsbeteiligung unterwegs (eine Zusage hatte ich bereits) und hatte mehrere Bilderserien in der Pipeline. Doch dann kam Corona. An Ausstellungen und live Kontakte zu knüpfen war erstmal nicht zu denken, es ging darum zu überleben und zu gucken was in der Isolation noch funktioniert.

Durch einen Zufall entfachte mein Funke für das Stricken wieder (böses Instagram). Als mein Freund dann eine kleine Wanderung mit Alpakas unternahm und mir Rohwolle mitbrachte, wollte ich auch wieder ans Spinnrad. Als Schülerin habe ich das Spinnen gelernt. Mein Biologie-Lehrer Herr Hettwer, der auch strickte, hat es mir in einer Projektwoche gezeigt. Damals ahnte ich noch nicht, was vor, beim und nach dem Spinnen von Fasern alles möglich ist. In diese Feinheiten tauche ich gerade ab. Die internationale Spinnerszene ist dermaßen kreativ und im regen Austausch, ich sauge alles auf: Techniken, Wissenswertes über Schafrassen, Faserarten, Färbungen, vom dünnen Zwirn bis zum durchgeknallten »Art-Yarn«, es gibt gerade nichts Schöneres für mich, ich lerne, lerne, lerne. Und ich glaube, dass Corona mit dazu beigetragen hat, dass ich zu diesen spannenden nachhaltigen Materialien zurückgefunden habe. Es ist so faszinierend, etwas von Anfang bis zum Ende selbst herzustellen, also in diesem Fall von der Faser, über die Verarbeitung, bis zum gestrickten/gewebten/gehäkelten Kleidungsstück. Und übrigens: Spinnen ist fast wie Yoga, es entspannt mich sehr.

Natürlich hab ich dann zu dem Thema auch gleich die professionelle Konsequenz gezogen: Es gibt einen Etsy-Shop und einen eigenen Instagram-Account für diesen kreativen Teil von mir, LakeHouseMood, denn schließlich entsteht das hier alles bei mir im Haus am See. Ich bin überzeugt davon, dass ich in den Jahren hier in der Elbmarsch noch kreativer geworden bin, als es mir in Hamburg möglich gewesen wäre.

Ich bin Künstlerin :-)

Happy Moin!

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3 Kommentare
  1. Eveline Petersen-Gröger sagte:

    Katja, Du bist ein Universalgenie. Deine Artikel sind herrlich zu lesen und was Du alles tust, ist atemberaubend.
    Hoffentlich gibt es mal ein offenes Atelier, um zum Sehen und Staunen zu kommen.
    Liebe Grüße, Eveline

    Antworten
    • Katja Frauenkron sagte:

      Danke, Eveline! Das freut mich natürlich aus so berufenem Munde :-) Es gibt tatsächlich 1x im Jahr hier eine Art offenes Atelier, verbunden mit einem kleinen Markt mit befreundeten Kreativen. Immer an einem Advents-Sonntag. In diesem Jahr fällt es zum ersten Mal aus. Aber ich lade dich dann gerne 2021 ein. Es ist nicht komplett öffentlich, d.h. ich lade immer direkt ein.
      Liebe Grüße!

      Antworten

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